Dorsten, 22.12.2018

Um die Hundert Freunde des gemeinsamen Singens von Weihnachtsliedern folgten der Einladung der Ideenfabrik Stadtsfeld und kamen heute um 16:00 Uhr zum Rossiniplatz. Hier fand das erste Stadtsfelder Weihnachtssingen statt.

 

 

Es war eine Mischung aus traditionellen Weihnachtsliedern, nachdenklichen Geschichten und kindgerechten Anteilen wie „In der Weihnachtsbäckerei“, die bei den Beteiligten für gute Laune sorgten. Einsetzender Regen sorgte dann für ein besonderes Gefühl der Gemeinsamkeit – die vorhandenen Regenschirme wurden geteilt und alle rückten zusammen.

Bürgermeister Tobias Stockhoff ging in einer kurz nach dem Weihnachtssingen verfassten E-Mail besonders auf diese Situation ein.

Wir möchten uns bei allen Beteiligten für eine besondere halbe Stunde bedanken und wünschen Ihnen und Ihren Familien ein frohes Weihnachtsfest.

 

 

An dieser Stelle freuen wir uns das persönliche Anschreiben von Bürgermeister Tobias Stockhoff veröffentlichen zu dürfen:

 

Liebe Stadtsfelderinnen und Stadtfelder,

die ganz Kleinen, wie die ganz Großen,

ich habe mich sehr über Eure und Ihre Einladung zum Weihnachtsliedersingen am Rossiniplatz am Vorabend des 4. Advent gefreut. Es hat mir das ganze Jahr über große Freude gemacht, zu sehen, wie die Menschen im Quartier „Stadtsfeld“ enger zusammenrücken. Heute war aber doch noch einmal ein ganz besonderer Tag.

Ich sitze inzwischen leicht durchnässt im trockenen Büro im Rathaus und habe mir einen heißen Tee gemacht. Der heutige Regen, der hat mir wieder einmal gezeigt, dass wir zusammenrücken können. So war es doch vielleicht nicht der von mir zunächst vermutete Absturz des himmlischen Wettercomputers, der scheinbar auf Allerheiligen- oder Totensonntagwetter mit heftigem Wind und Regen fehlprogrammiert war. Es war vielmehr ein Zeichen dafür, dass das Stadtsfeld Herausforderungen annehmen und gemeinschaftlich meistern kann.

Der Regen hat bei unserem Singen dazu geführt, dass wir enger zusammengerückt sind. Ich durfte mich beispielsweise bei einer Familie Sonnenschein unter den Schirm stellen. Ein schönes Zeichen, für das Zusammenkommen eines ganzen Quartiers.

Mein Vater stammt von einem Bauernhof und so sind wir am 1. Weihnachtstag immer mit allen Geschwistern meines Vaters und allen Cousins und Cousinen bei meinen Großeltern zusammengekommen. Auch das ausgiebige gemeinschaftliche Singen gehörte natürlich zum alljährlichen Familientreffen. Großfamilien gibt es inzwischen immer weniger. Aber wir erleben in unserer Stadt, dass sich wieder verstärkt Nachbarschaften und Quartiersgemeinschaften bilden. Wir haben eben gemeinsam als Quartiersfamilie gesungen. Ich fand das ganz wunderbar, zeigt es uns doch, wir können nicht nur in der „klassischen“ Großfamilie füreinander einstehen und Gutes tun. Wir können das auch in einer Quartiersfamilie – junge und alte Bewohner, ob mit langen Wurzeln oder gerade frisch ins Quartier gezogen, mit theoretischen Ideen, mit Organisationstalent oder mit handwerklichem Geschick.

Liebe Stadtsfelderinnen und Stadtfelder,

Sie und das Stadtfeld sind auf dem richtigen Weg. Es freut mich, dass sie zusammenstehen und füreinander einstehen. Das gemeinschaftliche Singen von Weihnachtsliedern bei strömenden Regen hätte dafür kein besseres Zeichen sein können.

Jeder von Ihnen hat sich bei der Gestaltung und der Betreuung des Rossiniplatzes selbst ein Stück verschenkt.

Sich verschenken? Irgendwie klingt das in unserer freiheitsliebenden und immer individueller werdenden Gesellschaft unbequem – zumindest aber ungewöhnlich. Gleichsam so unerwartet wie das Weihnachtsfest. Da schenkt uns Gott seinen Sohn. Er verschenkt somit ein Stück von sich. Dass auch das unbequem ist und am Ende unerträglich wird, sehen wir an der ärmlichen Krippe und letztendlich am Kreuzestod Jesu.

Was ist aber der radikale Grund für dieses „sich verschenken“?

Die Antwort ist so einfach wie unbequem zugleich: Liebe!

Was wäre unser Leben und unsere Stadtgesellschaft, ohne die sich verschenkende Liebe?

– Ohne den Vater, der aus liebender Sorge mitten in der Nacht die erwachsenen Kinder von einer Party abholt?

– Ohne die Altenpflegerin, die nach ihrem stressigen Dienst noch mal bei dem einsamen Patienten nach dem Rechten schaut und für ein paar Minuten die Hand hält?  

– Ohne den Feuerwehrmann, der ein Teil seiner Freizeit und manchmal auch seiner Gesundheit für unsere Sicherheit verschenkt?

– Ohne die Grundschullehrerin, die aus eigener Tasche für manche Schüler das Frühstück bezahlt, weil die Eltern dieser Aufgabe nicht nachkommen?

– Ohne die engagierten Menschen, die den offenen Heiligen Abend vorbereiten und ihn mit einsamen Menschen gemeinsam verbringen?

– Ohne …

All diese Menschen geben mehr, als sie geben müssten. Manchmal sogar mehr, als sie scheinbar geben können. Geben mehr, als der Staat oder die Gesellschaft von ihnen erwarten kann und darf. Verschenken sich selbst für den Mitmenschen. Machen damit das weihnachtliche Liebesgeschenk Gottes nicht nur an Weihnachten sichtbar. 

Ich danke daher all den Menschen in unserer Stadt, die Talente, Freizeit, Schaffenskraft und Geld verschenken und sich für andere Menschen einbringen.

Sie erst machen unsere Stadtgesellschaft wirklich lebenswert.

Liebe wird man weder mit dem Haupt- oder dem Ehrenamt jemals kaufen können. Wir können sie nur verschenken. Daher ist das Weihnachtsfest eine gute Gelegenheit zu überlegen, wie wir ganz persönlich den Satz „Ich verschenke mich…“ mit Leben füllen können.

Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind: Wer von uns will in einer Stadtgesellschaft leben, wo wir nur geschäftsmäßige Dienstleistung spüren und erfahren, aber das Besondere, das Wertschätzende, die sich verschenkende Liebe auf der Strecke bliebe?

Keines dieser Geschenke wird aber seine liebende Wirkung entfalten können, wenn wir es nicht dankbar annehmen können. Ausgehend vom weihnachtlichen Geschenk Gottes an uns bis zu den Geschenken der Nächstenliebe im Alltag. Nehmen wir sie dankbar an und danken den Menschen, die sich damit an uns verschenken.

Und so wünsche ich Ihnen und Ihren Lieben von Herzen ein gesegnetes Weihnachtsfest und alles Gute, Gesundheit und Gottes Segen für das Jahr 2019!

Ihr Tobias Stockhoff
Bürgermeister

PS: Danke, dass Sie als Stadtfelderinnen und Stadtfelder mit Ihrem Engagement für unsere Stadt und für das Quartier mich als Mitbürger und als Bürgermeister ebenso reich beschenkt haben.